Wie Mutters Kaffee

 

 

Schnell gealtert bin ich wie ein ungesungenes Lied.

 

Wie eine Flöte,

die mit Fingern Wortlücken füllt,

Wind in die Brust saugt,

zwei Grübchen erwachen lässt

und sie dann sinngebend verbindet.

 

Wie eine alte Flöte,

die zum Glas Wein ein Lied spielt,

alle Enkel um sich versammelt.

Wie eine Flöte,

die Schnee und Ernst von der Schwelle fegt,

dann vergisst,

dass der Kopf, wohin das Herz auch immer zieht,

mit der Zeit verschneit.

 

Schnell gealtert bin ich,

sage ich zu meiner Mutter. Sie lächelt:

Das ist das strahlende Licht im Herzen, mein Sohn.

Wie das von deinem Opa Dschaafar.

 

Dir laufen die Tränen so schnell

wie meine Mutter Nardjis Abschied hielt.

Dunkel und trüb bist du wie ihr Kaffee. 

Von mir aber hast du die extra Prise Zucker mitbekommen.

 

Ich trinke den Kaffee jetzt ohne Zucker, sage ich.

Dir reicht eben der eigene, sagt sie.

 

Gealtert bin ich,

besuche häufig den Arzt,

räume morgens Schreibtisch und Herzenssachen auf.

 

Ich lernte ein wenig tanzen,

zertrat versehentlich

alle Finger in meinem Herzen,

pflege meine Scham mit Schweigen.

 

Gealtert bin ich, durchlief alle Stationen

wie ein alter Zug

der heimfährt, wenn er stirbt.

 

Gealtert bin ich

wie ein ungesungenes Lied.

 

Wie eine Flöte,

die mit Fingern Wortlücken füllt

in dem Versuch,

zwei Gedächtnisse in einem Gedanken einzufangen.

 

 

Aus dem Arabischen von Leila Chammaa